Mera 98: 5600 und 5800 m 2. Mai


Die Nacht war saukalt, und am Morgen warten wir sehnsüchtig auf die ersten wärmenden Sonnenstrahlen. Trotz allem habe ich ausgezeichnet geschlafen und fühle mich nun bedeutend besser - vor allem nach dem Frühstück, das aus Rarasuppe (Nudelsuppe) und Müsli besteht. Bespreche nun mit Wolfgang die weitere Vorgangsweise. Wir werden in zwei Partien weiter machen. Alex und Rob errichten heute ein Hochlager auf 5800 m (Gespräch mit Guna). Wolfgang soll zu ihnen stoßen, um mit ihnen morgen den Gipfelgang zu versuchen. Ich selbst werde lieber noch eine Nacht auf 5600 m verbringen und erst am übernächsten Tag, also am 4. Mai, mit einem oder zwei Sherpas den Gipfel versuchen. Wenn alles klappte, könnten wir vielleicht sogar noch ins Hunku-Tal absteigen ... aber so recht glauben wir in anbetracht des vielen Neuschnees selbst nicht mehr daran, den Amphu Labtsa überqueren zu können.

Währenddessen kommen Guna und ein Träger vom oberen Camp herab. Wir trinken gemeinsam Tee, dann machen wir uns an den Wiederaufstieg. Diesmal geht es mir gut, und auf 5600 m fühle ich mich, als wäre nie etwas gewesen. Und das Panorama ist einfach prächtig!


Blick Richtung Khumbu (NW) ...


... und Hunku (NO)


Thamserku und Kang Taiga in Großaufnahme (Khumbu)


Alex und Rob sind schon ins eigentliche Hochlager auf 5800 m unterwegs. Sie haben sich dabei echte Trägerlasten aufgeladen. Sogar die Nepalis waren beeindruckt. Wir Übrigen essen erst mal Suppe und Reis. Danach bricht Wolfgang mit ein paar Nepalis ins Hochlager auf. Guna stellt die verbleibenden Lasten zusammen, dann setzt sich auch der restliche Zug in Bewegung. Ich begleite den Trupp ein Stück, dann gehe ich zurück. Mittags ist es wieder sehr heiß, doch am Nachmittag wird es bald nebelig, windig und kalt.


Das Hochlager auf 5800 m


Guna und Dorje kommen ins Lager auf 5600 m zurück. Wir richten das Lager her und kochen Suppe. Danach verziehe ich mich ins Zelt, studiere die Karte, schreibe Tagebuch. Ich bin froh, ein wenig allein zu sein. Den dreien weiter oben geht es hoffentlich gut. Ich wünsche ihnen für morgen viel Glück!


Im Lager auf 5600 m


Neben uns campiert eine andere kleine Trekkinggruppe. Guna kennt deren Führer, und die beiden versinken in ein langes Palaver. Später kommt Guna zu mir ins Zelt. Bei einigen Tassen Tee unterhalten wir uns -wie schon oft- "über Gott und die Welt". Guna spricht auch von seinen Zukunftsplänen: Er will nämlich im Sommer gemeinsam mit drei Freunden eine eigene Trekking-Agentur eröffnen. Dann berichtet er von den Neuigkeiten, die er von dem befreundeten Guide erfahren hat: Dieser habe nämlich versucht, von der Khumbu Seite den Amphu Labtsa zu überschreiten, sei aber am vielen Schnee gescheitert und deshalb über Lukla und den Zatrwala Paß zum Mera gekommen. Außerdem hätte eine andere Gruppe vor ein oder zwei Tagen versucht, vom Mera La ins Hunku-Tal abzusteigen, habe aber ebenfalls umkehren müssen. Dann ezählt Guna noch, daß Alex, Rob und Wolfgang mit Oisal und Lakpa am nächsten Tag um halb vier zum Gipfel aufbrechen würden. Er wäre nämlich gut, um 9, spätestens 10 Uhr oben zu sein, da danach Wolken aufzögen.
Das Abendessen besteht aus 2 1/2 Tassen Raranudeln mit etwas Suppe. Um 20 Uhr herrscht Zeltruhe. Die Nacht wird ziemlich kalt. Ich liege nämlich alleine im Zelt, und die dünne, schmale Schaumstoffmatte reicht zur Isolation einfach nicht aus. Schließlich schlüpfe ich voll angezogen in den Schlafsack; die GoreTex Jacke verwende ich als zusätzliche Isolation nach unten. So geht es halbwegs. Guna und Dorje müssen im Nebenzelt ganz schön frieren!


voriger Tag | nächster Tag | Übersicht


(c) 1998 by SK