So
ist auch die Wüste nicht aus Sand gemacht,
und nicht aus verschleierten Tuaregs,
und nicht einmal aus gewehrtragenden Beduinen.
Das aber ist sie: wir haben einen ganzen Tag Durst gelitten und plötzlich spüren wir zum allerersten Male, daß die Wasser des altbekannten Brunnens ständig fließen. Eine unsichtbare Frau kann ein ganzes Haus verzaubern; ein ferner Brunnen wirkt weit, weit, so weit wie die Liebe. Das aber ist sie: die Sandmassen schienen erst so öde! Eines Tages aber fürchteten wir einen Kriegszug der Aufständischen, und plötzlich entdeckten wir, daß der Sand ein weiter, faltiger verhüllender Mantel ist. Schleichende Streifscharen von aufständischen Berbern geben der Wüste ein neues Gesicht. Diese Spielregeln haben wir angenommen und uns dem Spiel eingegliedert. Nun ist die Sahara in uns, und da erst ziegt sie sich. Ihr nahekommen, das bedeutet nicht, eine Oase besuchen. Vielmehr bedeutet es, an einen Brunnen tief und innbrünstig zu glauben. |
Antoine de Saint-Exupery: Wind, Sand und Sterne (1939) |
Musik: Mohamed's Call (1.8MB)